Accumer Abendmahlsgerät restauriert

Wer in den letzten Jahren in Accum am Abendmahl teilgenommen hat, dem ist sicher aufgefallen, dass unser Abendmahlgerät ganz schön ramponiert war. Kein Wunder, denn die letzte Herrichtung war vor fast 50 Jahre. Nun wurde es wieder Zeit und wir haben alles einem Restaurator übergeben. Durch diesen haben wir Interessantes über unsere guten Stücke erfahren: Die beiden Trinkbecher, bei uns als Abendmahlskelche bekannt, sind „profane Becher“. Sie wurden vermutlich von einem reichen Häuptling, Grafen oder Fürsten in Gedenken an, mehr oder weniger berühmte, römische Feldherren (das sind die Figuren/Porträts am oberen Rand der Becher) in Auftrag gegeben. Da sie aus dem 16. Jahrhundert stammen, ist das Besondere an ihnen, dass sie überhaupt noch existieren. Durch die diversen Kriege, in denen der Feldherr, Fürst, Graf vermutlich jeden Silberling für Soldaten und deren Ausrüstung hat hergeben müssen, haben diese Becher eben „überlebt“. Könnte auch sein, dass sie rechtzeitig in die Obhut der Kirche gingen und dann dort die Zeiten überstanden. Ob als Leihgabe oder Vererbung — alles nur Mutmaßungen. Wie gesagt: Das Alter ist besonders. Die Arbeit an sich war für damalige Verhältnisse natürlich auch aufwendig. Um alleine den Rohling herzustellen gingen mehrere Wochen ins Land, ohne Verzierungen und Vergoldung! Wenngleich ein Handwerksstück in der heutigen Zeit ähnlicher Qualität vermutlich ebensoviel Zeit in Anspruch nehmen würde — ist halt Handarbeit und nicht industriell gefertigt. Wie der Meister damals an den Rohstoff an sich gekommen ist, das ist wiederum eine aus heutiger Sicht interessante Leistung. Heutzutage geht man im Internet shoppen und hat nach einigen wenigen Tagen eine Platte Silber. Das war im 16. Jahrhundert nicht so einfach. Die große Kanne ist ein Werk eines Meisters, der vermutlich mehrere Wochen an diesem Stück gearbeitet hat. Besonders an ihr ist ihre Größe: sie hat ein Fassungsvermögen von fast 3 l. Zu beachten ist, dass man die Kanne immer gleichmäßig abstellt, also den Sockel nicht verkantet. Das würde über kurz oder lang zu einer weiteren Beschädigung des Kannenbodens führen, der jetzt in der Revision instand gesetzt und begradigt wurde. Alle Teile haben eine feuervergoldete Oberfläche gemein, was außergewöhnlich ist. Der Prozess des Feuervergoldens war unter den Bedingungen der damaligen Zeit, weitab von Arbeitsschutz und Gesundheitsrichtlinien, nicht gesund: Es wurden Goldpartikel in Quecksilber (Goldamalgam) gelöst, was eine graue, schmierige Masse ergab. Diese wurde dann auf das zu vergoldende Material aufgebracht und über Feuer das Quecksilber verdampft. Und Quecksilberdampf ist nun mal nicht besonders gesund, weshalb derjenige der diese Arbeit verrichten musste, eine geringe Lebenserwartung gehabt haben dürfte. Was die Restauration in unserer Zeit wiederum sehr schwierig und damit kostenintensiv macht: Durch die Feuervergoldung kann man nicht einfach hartlöten oder mit irgendeinem Verfahren schweißen, denn diese Verfahren bedeuten großen und großflächigen Wärmeeintrag in das Material. Das würde die Vergoldung zerstören. Somit muss ein Schweißverfahren eingesetzt werden, das nur punktuell Wärmeeintrag in das Material verursacht: z. B. Laserpunktschweißen. Insbesondere bei einem unserer Becher, welcher am Sockel gesprengt war, war das Schweißen sehr herausfordernd und mühselig, also dementstprechend zeitaufwändig. Aber nur wenn man genau hinschaut kann man nach der Restauration die Punkte noch erkennen. Doch selbst bei diesem Verfahren wird ausreichend Wärme in das Material eingebracht, was mitunter zur Verdampfung von Restrückständen von Quecksilber führt. Dies äußert sich z. B. in kleinen Pickeln auf der Oberfläche. Für die heutigen Nutzer (beim Abendmahl) ist das aber keine Gefahr, denn es wird noch vom Gold überdeckt und löst sich erst ab Temperaturen über 200°C.

Daniel Seim